Der „gute Nazi" von Nanjing – Ein Besuch im John-Rabe-Haus

03-09-2014 08:30:52

Das John-Rabe-Haus liegt an der Kreuzung zwischen der Zhongshan-Straße und der Guangzhou-Straße. Hier lebte der deutsche Kaufmann John Rabe in den Jahren von 1932 bis 1938.

BEIJING, 18. August (Xinhuanet) -- Das John-Rabe-Haus liegt an der Kreuzung zwischen der Zhongshan-Straße und der Guangzhou-Straße. Hier lebte der deutsche Kaufmann John Rabe in den Jahren von 1932 bis 1938.

Der Geschäftsführer der Siemens & Halske-Niederlassung in Nanjing blieb auch nach der Besetzung durch die japanischen Truppen in der damaligen chinesischen Hauptstadt. Rabe setzte sich während des Massakers von 1937/38 für die Errichtung einer großen Schutzzone ein, und rettete so mehr als 200.000 Zivilisten in Nanjing vor den japanischen Soldaten. In dem Haus selbst nahm der Deutsche mehr als 600 chinesische Flüchtlinge auf. Hier entstanden auch die berühmte Tagebücher von John Rabe, das die japanischen Gräueltaten während der Besetzung eindrücklich für die Nachwelt dokumentiert.

Der historische Ort ist heute als „John Rabe and International Safety Zone Memorial Hall" ein Ort der Erinnerung. Im Erdgeschoss der einstöckigen Villa befindet sich eine Gedenkhalle zum Leben von Rabe und der Internationalen Sicherheitszone von Nanjing; im ersten Stock ist jetzt der Ort für die „Deutsch-chinesische Freundschafts-Ausstellung".

Professor Guo Shengda von der Nanjing Normal University hält im John Rabe-Haus oft Vorträge für seine Studenten.

„Ich lehre Deutsche Kultur an der Nanjing Normal University, und organisiere oft Besuche in der Gedenkhalle als Teil des Kurses. Rabe hat einen besonderen Platz in der Geschichte der chinesisch-deutschen Beziehungen: Er hat während des Zweiten Weltkriegs Hunderttausende chinesischer Zivilisten gerettet. Das chinesische Volk hat ihm auch geholfen, als er später in seinem Heimatland Deutschland in Schwierigkeiten geriet. Indem wir die jungen Leute dazu bringen, einen genaueren Blick auf die Geschichte zu nehmen, hoffen wir, dass sie verstehen, warum bestimmte Ereignisse so stattgefunden haben. Dadurch erhalten sie ein besseres Verständnis für die Gegenwart."

Für China haben die Tagebücher von John Rabe eine wichtige Rolle bei der Wiederherstellung der historischen Wahrheit des Nanjing-Massakers gespielt. Denn Rabe – als deutscher Nazi eigentlich ein Verbündeter Japans - schildert in ihnen aus erster Hand, wie er Augenzeuge der Gräueltaten der japanischen Truppen erlebt. Rabe bewahrte darin außerdem mehr als 80 Fotos auf, die er während des Massakers gemacht hatte. Damit hinterließ er ein unbestreitbares Zeugnis dieser dunklen Vergangenheit.

Im April 1938 verließ John Rabe auf Anordnung von Siemens China Co. Nanjing und fuhr zurück nach Deutschland. Nachdem er dort in Berlin durch Vorträge auf die japanischen Kriegsverbrechen aufmerksam gemacht und einen Appell an Hitler verfasst hatte, wurde Rabe kurzzeitig von der Gestapo verhaftet und verhört. Nach dem Krieg geriet seine Familie in große finanzielle Schwierigkeiten.

Als die Bürger von Nanjing von der schrecklichen Situation von Rabes Familie erfuhren, sammelten sie schnell eine sehr große Summe Geld und schickten monatliche Lebensmittelpakete, um ihnen zu helfen. Rabe hat sich in vielen Briefen dafür bedankt.

John Rabe starb 1950 an einem Schlaganfall in Berlin. Im Jahr 1997 wurde sein Grabstein nach Nanjing verlegt, wo es einen Ehrenplatz an der Massaker-Gedenkstätte erhielt.

Im Jahr 2005 wurde Rabes ehemalige Residenz in Nanjing renoviert und 2006 die „John Rabe und International Safety Zone Memorial Hall" eröffnet.

Roland Busch ist Vorstandsmitglied der Siemens AG und der Geschäftsführer im Geschäftsbereich „Infrastructure & Cities"des deutschen Konzerns. Obwohl er bereits fünfmal in Nanjing gewesen ist, ist an diesem Tag sein erster Besuch im ehemaligen Haus des deutschen Retters .

„Es ist ein sehr trauriger Teil der Geschichte Chinas. Ich bin wirklich beeindruckt durch die bemerkenswerten Anstrengungen, die die Menschen gemeinsam unternommen haben, um diese besonders schwierige Zeit zu überwinden. Was Herr Rabe zu dieser Zeit getan hat, zeigt seinen großen menschlichen Geist, und ich bin stolz, dass er einmal ein Mitarbeiter von Siemens war."

Der 19jährige Österreicher Ananda Mundstein ist ein internationaler Freiwilliger, der in der John Rabe Memorial Hall arbeitet. Anandas Mutter ist Chinesin und arbeitete früher an der Universität von Nanjing. Wegen seines familiären Hintergrunds hat Ananda ein besonderes Interesse an der chinesischen Geschichte.

In Österreich gilt die Wehrpflicht. Anada entschied sich nach seinem Abitur gegen einen sechsmonatigen Dienst beim Militär und für einen zivilen Ersatzdienst im Ausland als Freiwilliger im John-Rabe-Haus in Nanjing.

„Ich komme an jedem Wochentag hier hin und finde es sehr interessant, hier als Museumsführer in der Gedenkhalle zu arbeiten. Mein Chinesisch ist nicht perfekt, aber ich schaffe es, den Besuchern alles zu erklären. Es ist schade, dass nicht viele Menschen in Deutschland oder Österreich etwas über John Rabe wissen. Ich denke, es ist für jedermann sehr lohnenswert hierher zu kommen und mehr über diesen Teil der Geschichte zu erfahren. "

Laut Direktor Yang Shanyou ist das John Rabe-Haus das einzige Museum in der Provinz Jiangsu, das die Möglichkeit für einen langfristigen internationalen Freiwilligendienst anbietet.

„Das andere Museum, das auch Platz für einen internationalen Freiwilligendienst zur Verfügung stellt, ist das Jewish Research Center in Shanghai. Die ehemalige Residenz des John Rabe wurde 2010 in das internationale Netzwerk der Museen für den Frieden aufgenommen. Es gibt derzeit 106 Friedensmuseen auf der ganzen Welt, die zusammen die Kultur des Friedens durch die Interpretation, Sammeln und Zeigen von Materialen für den Frieden fördern. Sie informieren die Öffentlichkeit über Frieden und Gewaltlosigkeit, durch Illustrationen aus dem Leben der Menschen, der Arbeit von Organisationen, Kampagnen und historischen Ereignissen. "

Jedes Jahr besuchen Hunderttausende das John-Rabe-Haus. Es erinnert die Besucher nicht nur an die tragische Geschichte Nanjings, sondern auch an den großen Taten der vielen guten Menschen während der Kriegszeit, wie John Rabe, dem „Schindler von China".

(Quelle:german.cri.cn)

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